Artikel - Quo vadis, New York?



New York am Scheideweg. Der schlechteste Record der NBA, dennoch keine Garantien auf den 1. Pick in der Draft und Unmengen an Cap Space im Vorfeld einer attraktiven Free Agency. Bei den New York Knicks stehen die Zeichen auf Neustart, drei Szenarien scheinen im Big Apple denkbar. Doch welchen Weg schlÀgt man ein?

 
Die Regular Season 2018/2019 ist vorbei und die New York Knicks werden erwartungsgemĂ€ĂŸ nicht an den Playoffs teilnehmen. Mehr noch: Die Knicks haben den schlechtesten Record aller NBA-Teams! Auch wenn es traurig ist, sich das einzugestehen: Sie haben ihr Ziel erreicht. Es ging diese Saison nie wirklich darum, möglichst viele Spiele zu gewinnen. Wenn man ehrlich ist, war schon vor der Saison klar (spĂ€testens nachdem klar war, dass Kristaps Porzingis diese Saison nicht mehr ins Geschehen eingreifen können wĂŒrde), dass die Knicks den Panzer rausholen wĂŒrden, um in der kommenden Saison Chancen auf einen Top-Pick, allen voran natĂŒrlich Zion Williamson, zu haben. Dieser Plan ist so weit aufgegangen. Mit dem schlechtesten Record haben die Knicks die grĂ¶ĂŸtmögliche Chance, das Toptalent im kommenden Sommer zu verpflichten. Planen sollte die Franchise damit allerdings nicht, da die Chance auf den Nummer-1-Pick in diesem Jahr fĂŒr das schlechteste Team der Vorsaison so niedrig ist wie nie zuvor.
Aber die Knicks haben in dieser Saison noch ganz andere Ziele. Da sie ĂŒber genug Cap Space verfĂŒgen, sollen in diesem Sommer zwei Superstars in den Big Apple gelotst werden. So soll in New York in der kommenden Saison das nĂ€chste Superteam der NBA entstehen.
So weit der Plan. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass er aufgeht? Wollen Superstars wirklich fĂŒr die Knicks spielen, die in den letzten Jahren eine der am schlechtesten gefĂŒhrten Franchises der Liga waren? Und ist das ĂŒberhaupt der richtige Weg fĂŒr die Knicks? Diesen Fragen will ich versuchen, in diesem Artikel auf den Grund zu gehen.


Die Cap-Situation der New York Knicks 2019/2020
Das Salary Cap liegt fĂŒr die nĂ€chste Saison bei 109 Millionen Dollar, wovon die Knicks bisher erst 33 Millionen an garantierten GehĂ€ltern bezahlen mĂŒssen. Die einzigen Spieler, die nĂ€chste Saison garantiert unter Vertrag stehen, sind Frank Ntilikina, Kevin Knox, Mitchell Robinson, Dennis Smith Jr., Damyean Dotson und Lance Thomas. Hinzu kommen noch die 6,4 Mio. Dollar, die die Knicks an Joakim Noah ĂŒberweisen mĂŒssen. DarĂŒber hinaus haben die Knickerbockers die Möglichkeit, Alonzo Trier fĂŒr ein weiteres Jahr und 3,5 Mio. Dollar an sich zu binden, was sie in meinen Augen tun sollten. Es bleibt zwar abzuwarten, was Trier langfristig leisten kann, aber sein Gehalt ist er, Stand jetzt, auf jeden Fall wert.
Die Knicks wĂŒrden aber auch im Falle einer VerlĂ€ngerung Triers noch stattliche 72 Mio. Dollar unter dem Salary Cap liegen und  hĂ€tten so also die Möglichkeit, zwei Spielern einen Maximalvertrag anzubieten.

Allerdings ist die Liste der Teams mit ausreichend Cap Space, um einen oder sogar zwei Spielern einen Maximalvertrag anbieten zu können, lang. Neben den New York Knicks können auch die LA Clippers und die Brooklyn Nets (wenn sie D'Angelo Russell nicht verlĂ€ngern sollten) zwei dieser HochkarĂ€ter einen Max Deal anbieten, zum anderen sind auch Teams wie die LA Lakers oder die Dallas Mavericks interessante Destinationen fĂŒr die Free Agents im kommenden Sommer.


Die Free Agency 2019
Auch die Liste der hochkarĂ€tigen Free Agents im kommenden Sommer ist lang: Kevin Durant, Kawhi Leonard, Kyrie Irving, Kemba Walker, Klay Thompson, DeMarcus Cousins…um nur einige Namen zu nennen.
Das Problem der Knicks ist, dass sie im Gegensatz zu den genannten Teams, außer ihrem Namen und der Aussicht, die Heimspiele im altehrwĂŒrdigen Madison Square Guarden bestreiten zu dĂŒrfen, nicht viel haben, womit sie Free Agents in den Big Apple lotsen können.
Die Knicks verfĂŒgen weder ĂŒber (zukĂŒnftige) Stars, anders  die Lakers oder die Mavs, noch ĂŒber ein funktionierendes, junges Team, anders die Clippers oder die Nets. Dementsprechend scheint es schwer nachvollziehbar, wieso sich zwei Superstars dafĂŒr entscheiden sollten, bei den Knicks zu unterschreiben, wenn die sportliche Perspektive bei anderen Teams doch umso rosiger aussieht. Erschwerend hinzukommt, dass die New York Knicks in den letzten nun mehr 20 (!) Jahren nicht gerade fĂŒr gutes Management und anderweitig vernĂŒnftige Entscheidungen bekannt sind. Von Besitzer James Dolan mal ganz zu schweigen…
Dennoch kursieren schon seit lĂ€ngerem die GerĂŒchte, dass Kevin Durant nebst einem anderen Superstar (evtl. Kyrie) bei den Knicks unterschreiben wird.
Gerade bei den genannten Spielern wĂ€re ich aber persönlich sehr vorsichtig, irgendwelchen GerĂŒchten zu viel Vertrauen zu schenken.
Stand jetzt ist es ohnehin schwer, eine Prognose fĂŒr den kommenden Sommer zu wagen, dennoch sollen hier einige realistische Szenarien skizziert werden. 


Szenario 1: New York Knicks Superstars
Die New York Knicks schaffen es tatsĂ€chlich, zwei erstklassige Free Agents unter Vertrag zu nehmen. In diesem Fall gehe ich davon aus, dass Kevin Durant einer davon sein wird und sich wahrscheinlich schon im Voraus mit einem der anderen Stars abgesprochen hat. Der beste Fit wĂ€re dann wohl tatsĂ€chlich Kyrie Irving (auch wenn ich als Knicks-Fan nicht weiß, ob ich die beiden wirklich gerne in Blau-Orange sehen will ;)). Die beste realistische Alternative wĂ€re in meinen Augen Kemba Walker, da ich es fĂŒr nahezu ausgeschlossen halte, dass entweder Kawhi Leonard oder Klay Thompson sich dazu entscheiden werden, bei den Knicks anzuheuern. Um die Big Three im Big Apple zu komplettieren, könnten die Knicks dann noch ihren Rookie + X fĂŒr einen weiteren „Star“ traden. Ideal wĂ€re dann natĂŒrlich ein Trade, wie z.B.: Zion Williamson + Dennis Smith Jr. und Lance Thomas fĂŒr Anthony Davis. Da aber noch nicht klar ist, an welcher Stelle die New York Knicks draften und fĂŒr welchen Spieler sie sich dann entscheiden, ist dieser Deal natĂŒrlich reine Spekulation. Ich denke aber, dass die Knicks in jedem Fall versuchen werden, ihren Rookie fĂŒr einen dritten HochkarĂ€ter zu traden, falls sie zwei der Top Free Agents an Land ziehen können, da sie dann definitiv im Win-Now-Modus sein werden und der Ausbildung junger Spieler keine große PrioritĂ€t zugemessen werden wird. Mit einer potentiellen Big Three wĂ€re der Gehaltsspielraum natĂŒrlich ausgeschöpft, sodass zusĂ€tzlich zu den drei Stars, Knox, Dotson, Robinson, Trier und Ntilikina (obwohl dieser wohl keine Zukunft in New York hat) Veterans fĂŒr relativ kleines SalĂ€r verpflichtet werden mĂŒssen, um das Team zu komplettieren. Das ist aber erfahrungsgemĂ€ĂŸ kein allzu großes Problem (siehe Celtics 2008, Heat 2011 etc.). Die Knicks wĂ€ren somit auf Anhieb ein Contender im Osten. 
Allerdings ist dieses Szenario von so vielen Variablen abhÀngig, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es auch tatsÀchlich so, oder so Àhnlich (Shoutout an Jonathan Frakes! :D) eintritt, eher gering.
Was passiert also, wenn die Knicks keinen der  begehrtesten Free Agents unter Vertrag nehmen können? 


Szenario 2: Knicks doin' Knicks things
Wie im ersten Szenario bereits erwĂ€hnt und langjĂ€hrigen NBA Fans hinlĂ€nglich bekannt, neigte das Management der Knicks in der Vergangenheit dazu, Ă€ußerst fragwĂŒrdige Personalentscheidungen zu treffen, wenn ein ambitionierter Plan nicht aufgegangen ist. Ich erinnere nur daran, dass man fĂŒr Melo im FrĂŒhjahr 2011 das halbe Team abgegeben hat, anstatt bis zum Sommer zu warten und ihn als Free Agent zu verpflichten. Es war zu dieser Zeit bekannt, dass Melo unbedingt fĂŒr die Knicks spielen wollte… Die VertrĂ€ge fĂŒr Spieler wie Jerome James oder Joakim Noah (fĂŒr den sie in den kommenden drei Jahren noch knapp 20 Mio. Dollar zahlen mĂŒssen), Trades fĂŒr abgehalfterte Stars (Steve Francis, Tracy Mc Grady)… Man könnte die Liste noch ewig fortsetzen.
Auch wenn sich die Knicks momentan in einer zukunftsperspektivisch ausgezeichneten Situation befinden, kann ich mir gut vorstellen, dass sich die Knicks diese abermals zerschießen, indem sie den falschen Spielern langjĂ€hrige, hochdotierte VertrĂ€ge anbieten.
Angenommen, die Knicks bekommen nicht den ersten Pick und draften anstelle von Zion Williamson jemanden wie R.J. Barrett, hĂ€tte sich das Tanken, Stand heute, nur bedingt gelohnt. Wenn sich dann auch noch keiner der Free Agents fĂŒr die Knicks entscheiden sollte, wĂŒrde die Franchise mal wieder an einem Scheideweg stehen. Man könnte dann den Fokus auf die Entwicklung der jungen Talente legen, einen gesunden Rebuild einleiten und den Cap Space fĂŒr sinnvolle, kleinere Additionen nutzen, oder man könnte alle  Vernunft ĂŒber Bord werfen und das vorhandene Geld verletzungsanfĂ€lligen, alten oder charakterlich komplizierten „Halbstars“ in den Rachen werfen und sich so langfristig die FlexibilitĂ€t nehmen, um in den kommenden Jahren irgendwo im Mittelfeld der Eastern Conference rumzudĂŒmpeln, sprich: nicht regelmĂ€ĂŸig in die zweite Runde der Playoffs kommen und keine Chance auf gute Draft-Picks haben… Also eben alles so handhaben, wie wir es von den Knicks kennen.
Mein persönliches Worst-Case-Szenario wĂ€ren Max Deals fĂŒr DeMarcus Cousins und Jimmy Butler. Beide haben gefĂŒhlt schon ihre besten Tage hinter sich, haben Ă€ußerst streitbare Charaktere und erfahrungsgemĂ€ĂŸ tragen sie auch nicht gerade dazu bei, dass sich junge Spieler wohlfĂŒhlen und in Ruhe entwickeln können.
Knicks doin' Knicks things eben…
Das wĂ€re natĂŒrlich schon ein starkes StĂŒck und wirklich wahrscheinlich ist dieses Szenario nicht, auch wenn wir hier von den New York Knicks sprechen.
In meinen Augen wĂ€ren aber auch Max Deals fĂŒr z.B. Khris Middleton und Julius Randle der falsche Weg, weil man mit der Akquise dieser Spieler wohl nicht zu einem Contender werden wĂŒrde und einem dennoch finanziell langfristig die HĂ€nde gebunden werden.
In meinen Augen gibt es nur einen Plan B, falls man es nicht schaffen sollte, ein waschechtes Superteam auf die Beine zu stellen. Ich persönlich wĂ€re mit diesem Plan B wahrscheinlich sogar glĂŒcklicher, ich weiß aber auch, dass die NBA selten so funktioniert. 


Szenario 3: Lass doch einfach mal entspannt rebuilden
Auch wenn die Saison rein sportlich gesehen eine Katastrophe war, haben die Knicks einige junge Spieler, die in Zukunft fĂŒr Furore sorgen könnten.
Mitchell Robinson ist, Stand heute, ein absoluter Steal des letzten Draftjahrgangs. Auch wenn er noch unfassbar roh ist, könnte aus ihm in Zukunft ein wirklich starker Defensiv-Center werden. Kevin Knox ist noch sehr jung und ebenfalls Ă€ußerst roh. Aber auch er hat schon gute AnsĂ€tze gezeigt. Er könnte, wenn er in diesem Sommer gesund bleibt, kommende Saison einen großen Schritt machen. Auch bei einem Dennis Smith Jr. habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass aus ihm ein offensiv starker Starter auf der Point-Guard-Position werden kann. Hinzu kommen dann noch Damyean Dotson und Alonzo Trier, deren Potential zwar klar begrenzt ist, die aber dennoch gute Rotationsspieler sein können.
Zu dem jungen Kern wird dann ja auch noch ein verheißungsvoller Rookie stoßen. Zion Williamson wĂ€re natĂŒrlich großartig, aber auch wenn es ein anderes junges Talent wird, wĂŒrde es sich in meinen Augen lohnen, den jungen Spielern die Chance zu geben sich zu beweisen.
Mit dem vorhandenen Cap Space könnte man dann anstelle von Stars aus der zweiten Reihe teamdienlich spielende Glue Guys und Rollenspieler verpflichten, um die jungen Spieler in ihrer Entwicklung zu unterstĂŒtzen und eine gute Kultur im Team zu etablieren. Diese könnte man dann eventuell mit hochdotierten Ein- oder ZweijahresvertrĂ€gen ködern, die ihren Handlungsspielraum nicht langfristig verbauen wĂŒrden (wie z.B. J.J. Redick bei den Sixers). In der Regel sollte die Entwicklung der jungen Spieler dann so lange dauern, dass man in den nĂ€chsten zwei Jahren nichts mit den Playoffs zu tun hat und man so weiterhin talentierte Spieler ĂŒber die Draft akquirieren kann.
Ein Erfolg ist bei dieser Vorgehensweise natĂŒrlich nicht garantiert, wie das Beispiel der aktuellen Phoenix Suns zeigt. Wenn man sich aber die FlexibilitĂ€t erhĂ€lt, könnte man in den kommenden Free Agencys aktiv werden, wenn die Konkurrenz nicht so groß ist wie in diesem Jahr. 


Quo vadis, New York?
Im Moment ist natĂŒrlich noch nicht abzusehen, was in der Free Agency passiert. Gibt es bald ein Superteam im Big Apple, können wir Zion Williamson bald in Blau und Orange bewundern, stellen die Knicks einen teuren TrĂŒmmerhaufen zusammen?
Alles ist möglich…
Ich persönlich fĂ€nde Zion bei den Knicks am coolsten, auch wenn es dem Management wohl darum gehen wird, ein Superteam zusammenzustellen…
Im Sommer werden wir mehr wissen!

We ain’t talkin’ about practice, we talkin’ the game, 

Marius 

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