Artikel - Frauenbasketball - warum eigentlich nicht?
Seit ein paar Monaten beschĂ€ftige ich mich intensiv mit dem Thema Frauenbasketball im Allgemeinen und der WNBA im Speziellen. Auch bei meinen Podcast-Kollegen und meinen Kumpels habe ich das Thema bereits des Ăfteren auf den Tisch gebracht. Die meistgestellten Fragen, die ich daraufhin bekam, waren: „Warum beschĂ€ftigst du dich denn plötzlich damit?“, „Was treibt dich an?“, und „Warum sollte ich mir denn ausgerechnet Frauenbasketball ansehen?“
Warum beschÀftige ich mich damit?
Na ja, ich liebe Basketball einfach grundsĂ€tzlich – egal, ob den Sport nun MĂ€nner oder eben Frauen ausĂŒben. Doch um ehrlich zu sein – bis vor ein paar Monaten kannte ich selbst nur ein paar einzelne Spielerinnen, wie z.B. Diana Taurasi, Sue Bird oder Maya Moore. Dann jedoch hörte ich einen „Got Nexxt“-Fragenpod, in dem ein Hörer DrĂ© die Frage stellte, was er denn von Sabrina Ionescu halte. Daraufhin habe ich die Genannte auf YouTube gesucht und hey – diese Frau kann richtig gut Basketball spielen! Das Highlight-Tape vom FIBA 3-vs.-3-Turnier, an dem sie mit Team USA teilgenommen hat, war unglaublich beeindruckend. Glaubt ihr nicht? Checkt das:
Da ich selbst auch oft und gerne Streetball spiele, hat mir das natĂŒrlich extrem gut gefallen.
Aber auch ihre Leistungen am College waren sehenswert. Da ich auĂerdem selbst ein U18- und ein U16-Team coache, in dem sowohl Jungen als auch MĂ€dchen spielen, also in einer Mixed League, kam mir eine Idee. Die Jungs im FuĂballverein haben keinerlei Probleme, Vorbilder wie bspw. Ronaldo oder Messi zu finden und schauen natĂŒrlich auch mehr oder weniger regelmĂ€Ăig FuĂballspiele im Fernsehen. In Deutschland tut das eigentlich fast jeder.
Basketball hingegen schauen komischerweise nur die wenigsten im (Basketball-)Verein.
Ein oder zwei Jungs hatten die ĂŒblichen VerdĂ€chtigen, wie LeBron James, Steph Curry oder Russell Westbrook, zu ihren Vorbildern erkoren. Man konnte sehr gut an ihren BewegungsablĂ€ufen erkennen, dass sie versuchten, ihren Vorbildern nachzueifern und dass sie sich offensichtlich gewisse Moves abgeschaut hatten. Die MĂ€dchen jedoch hatten schlicht und ergreifend keine echten Vorbilder. FĂŒr mich ein Grund, sich tiefer mit der Materie zu befassen und mal nachzusehen, ob sich da nicht auch die einen oder anderen Namen anbieten wĂŒrden. Und siehe da (surprise, surprise): Es gibt wahnsinnig viele extrem talentierte WNBA-Spielerinnen.
Es hat mir tatsĂ€chlich SpaĂ gemacht, die Damen-Spiele zu schauen, Tapes zu durchforsten und passende Profispielerinnen fĂŒr die MĂ€dels in meinen Teams zu identifizieren, die sie sich mal genauer ansehen sollten. Die Spielerinnen der WNBA sind teilweise technisch hervorragend geschult, treffen hochprozentig aus der Distanz und es ist beeindruckend, wie gut auch die Frauen die Basics anzuwenden wissen. Gerade in der NBA stampfen teilweise Typen ĂŒbers Parkett, die gefĂŒhlt nur schnell sind und springen können, die aber im Hinblick auf ihre Basketball Basics roh sind wie ein Teller Tartar. Es hat mich durchaus ĂŒberrascht, vor allem aber beeindruckt, dass die Frauen hier bei weitem besser ausgebildet daherkommen.
Allerdings: Was ich wÀhrend meiner Recherche links und rechts lesen musste, hat mich wirklich frustriert, und das bringt mich zum nÀchsten Punkt.
Was treibt mich an?
Nahezu jedes Mal, wenn ich auf Instagram oder Facebook etwas ĂŒber die WNBA oder eine bestimmte Spielerin gelesen habe, musste ich in den Kommentarspalten hunderte solcher Kommentare lesen:
Sheesh, I need my sandwich sooner than that.
Why are they comparing cooks to nba players? I am confused.
And also dishwashers.
Diese Mischung aus purer Frauenfeindlichkeit und absoluter Dummheit war dann letztlich auch der Punkt, warum ich zu meinen TTG-Buddies sagte: „Lasst uns bitte einen Pod zu dem Thema machen.“ Denn die obigen Kommentare sind nur ein kurzer Auszug aus endlosen Schimpftiraden, Beleidigungen, hirnverbrannten Witzchen und Anfeindungen, die permanent in den „sozialen“ Netzwerken kursieren.
WĂ€hrend hierzulande die FrauenfuĂball-Nationalmannschaft viele Fans hat und zumindest vordergrĂŒndig respektvoll behandelt wird, mĂŒssen sich die Basketball-Profispielerinnen in den USA fast ausschlieĂlich Kritik unter der GĂŒrtellinie gefallen lassen. Mal abgesehen davon, dass diese Kommentare natĂŒrlich extrem frauenfeindlich, beleidigend und vor allem unfassbar dumm sind, lassen sie die Leistungen der Damen auch in einem völlig falschen Licht erscheinen. WĂ€hrend manch unterdurchschnittlicher NBA-Profi nĂ€mlich teilweise trotzdem noch mehrere Millionen verdient (Hallo, Allen Crabbe!) verdienen WNBA-Profis i.d.R. zwischen 40.000 und 117.000 Dollar pro Jahr und spielen in der Offseason teilweise noch in Europa, sozusagen als „Aufstocker“.
Mal ganz unabhĂ€ngig davon, ob der groĂe Unterschied zwischen den Einkommen eines mĂ€nnlichen Profis im Vergleich zu einer Frau gerechtfertigt ist oder nicht, muss man sehr wohl anerkennen, dass die Damen sich ihr Geld hart erarbeiten.
Zu diesem Thema habe ich euch mal zwei Videos herausgesucht, in denen WNBA-Spielerinnen ĂŒber die „wage gap“, ĂŒber die Angst vor Verletzungen und ĂŒber Nebenjobs reden. Ja, Nebenjobs.
Ein Portrait von Natalie Achonwa:
Eine sehr interessante Geschichte ĂŒber Seimone Augustus und ihrem Nebenjob in Russland:
Zudem sehe ich Woche fĂŒr Woche Jungs und MĂ€dels im Training, die gegeneinander spielen, hart kĂ€mpfen und sich natĂŒrlich gegenseitig akzeptieren. Keiner der Jungs lĂ€sst ein MĂ€dchen absichtlich frei werfen, denn der fehlende Respekt gegenĂŒber weiblichen Spielern scheint letztlich nur diejenigen zu betreffen, die noch nie gegen eine Frau gespielt haben, die einfach besser war.
Es bleibt nun noch eine grundsÀtzliche Frage zu klÀren.
Warum soll ich mir Frauenbasketball ansehen?
Weil es sich im Leben immer lohnt, ĂŒber den Tellerrand hinauszusehen. Klar ist die WNBA nicht die NBA und Frauenbasketball nicht so athletisch, schnell und spektakulĂ€r, aber beschwert sich jemand darĂŒber, dass Luka Doncic keine krassen Dunks durch die Reusen hĂ€mmert? Oder Isaiah Thomas? Mein absoluter All-Time-Favourite Allen Iverson war auch kein Highflyer wie Vince Carter.
Kaum zu glauben, aber wahr: Es gibt auch noch andere Dinge im Basketball. Dribbeln, Passen, Richtungswechsel, Shooting, Post Moves usw. Das alles haben nicht nur die Frauen in der WNBA drauf, sondern auch die Damen in der Bundesliga oder wo auch immer.
Zum Abschluss wĂŒrde ich euch noch gerne einige richtig interessante Spielerinnen ans Herz legen.
Jordin Canada
sehr gute, schnelle Spielerin auf der Point-Guard-Position
sehr gutes Ballhandling
A'ja Wilson
richtig gute Beinarbeit
guter Spin Move
offensiv wie defensiv bereits beeindruckend
nicht umsonst WNBA Rookie of the Year 2018
Napheesa Collier
heiĂe Kandidatin fĂŒr ROY diese Saison
hat im ersten Profispiel sofort 27 Punkte aufgelegt
ist extrem variabel einsetzbar
ist sowohl unter dem Korb als auch von auĂen gefĂ€hrlich
Skylar Diggins-Smith
aktuell wahrscheinlich die beste Aufbauspielerin der WNBA
ist unter allen Point Guards die beste Scorerin, die zweitbeste Assistgeberin und ligaweit die Nr. 2 in AST/TO Ratio.
Und zu guter Letzt: Diana Taurasi. Sie muss man schlicht kennen. Sie ist einfach nur spektakulÀr. Ihre Spin Moves und ihre Court Vision sind sensationell.
Ich hoffe, ihr hattet SpaĂ an meinem kleinen Artikel und konntet euch ein Bild davon machen, wie viel Arbeit diese Damen in diesen Sport stecken. Sie haben es definitiv verdient, ein bisschen mehr Anerkennung dafĂŒr zu bekommen. Wenn ihr euch fĂŒr das Thema interessiert, empfehle ich euch die „Got Nexxt“-Folge, in der DrĂ© Voigt Marie GĂŒlich zu Gast hatte. Sie ist die einzige deutsche WNBA-Spielerin und spielt aktuell bei den Atlanta Dream.
AuĂerdem kommt demnĂ€chst ein Pod ĂŒber Frauenbasketball und die WNBA von TTG.
Hier werden auch Spielerinnen zu Wort kommen, die im Jugendbereich tÀglich mit und gegen MÀnner spielen.
We ain’t talkin’ about practice, we talkin’ the game!
Euer Mat
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